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Muss es denn immer gleich Lithium sein?

Was ist die richtige Speichertechnologie? Kann man diese Frage einfach so beantworten, oder muss man die Anwendung näher betrachten?

Es gibt eine ganze Palette verschiedener Möglichkeiten wie man elektrische Energie speichern kann. Da gibt es zu erst einmal die elektrischen Speicher, also Kondensatoren, im Speziellen eben diese Superkondensatoren, auch Supercaps oder Ultracaps genannt. Reine Kondensatoren speichern die Energie im elektrischen Feld. Die Supercaps sind eine Kombination aus Doppelschichtkondensator und einer elektrochemischen Pseudokapazität. Dann gibt es die chemischen Speicher von der Primärzelle bis zum High-Tech-Akku. Auch die Flussbatterien gehören hier dazu. Energie kann man aber auch kinetisch speichern, in dem man ein Schwungrad in Gang setzt oder eine Feder spannt. Wenn man Wasser in einen höhergelegenen Speichersee pumpt oder wenn man ein Gewicht anhebt, um es später wieder Absenken und die Energie wieder verwenden will, so spricht man von Speicherung in potenzielle Energie.

Komprimieren wir Luft in einer Kaverne, um damit später eine Turbine anzutreiben, spricht man von einem Druckspeicherwerk. Letztlich kann man auch Energie in Wärme umwandeln und mit dieser bei der Rückverstromung ebenfalls eine Turbine antreiben. Spätestens hier kommt die Frage auf, wie viel Verlust hat das ganze. Entscheidend ist wie viel Entropie erzeugen wir in den Prozessen. Wenn man statt einer Widerstandsheizung eine Wärmepumpe einsetzt, entsteht ein isentroper Wärmespeicher. Ebenfalls ist bei einem Druckspeicher eine isentrope Prozessführung möglich, in dem die Verdichtungswärme gespeichert wird und bei der Entspannung zwecks Rückverstromung über die Turbine wieder verwendet wird.

Abbildung 1.1 Speicherung in Wärme
Abbildung 1.2: Speicherung in Druck
Abbildung 1.3: Speicherung in Wasserstoff

Diese Vielfalt an Speicher Möglichkeiten führt uns zu vier Fragen:

  • Was sind die Anforderungen an einen Speicher?
  • Welcher Speicher ist dafür geeignet?
  • Wie viel Platz braucht Speicher und was kostet er?
  • Sind die Speicher auch ökologisch sinnvoll?

Der Einsatzzweck führt uns den gewünschten Anforderungen. Brauche ich eine Traktionsbatterie, einen Speicher um Solarenergie vom Dach im Haus zu speichern, brauche ich einen Speicher um Notstrom zu erzeugen (USV) oder will ich grosstechnisch viel überschüssige Energie speichern, eventuell Saisonal umlagern? In diesem Artikel gehen wir auf Speicher in Gebäuden näher ein, etwa zum Zweck von Notstrom oder Speicherung von Energie aus der Photovoltaik zwecks Eigenverbrauchsoptimierung.

Zum Anforderungskatalog gehören zum Beispiel wie wieviel Energie soll gespeichert werden können – idealerweise aber auch mindestens damit der Zweck noch erfüllt ist. Wie lange soll gespeichert werden und wie lange soll die Entladung gehen. Eine USV-Anlage muss je nach Anforderung zwischen einer Minute (bis die Netzersatzanlage den Betrieb aufgenommen hat) und zwei Stunden halten (wenn keine NEA vorhanden ist und eine Mindestlaufzeit vorgegeben wird). Eine begrenzende Anforderung ist der Platz den ich zur Verfügung stellen kann und wie gross die Bodenbelastbarkeit ist. Auch die Umgebungsbedingungen gehören zum Anforderungskatalog. Was mache ich mit dem Speicher am Ende seiner Nutzungsdauer? Recycling, Upcycling? Alle diese Fragen müssen vor der Systemwahl beantwortet sein, denn sonst besteht sehr grosse Gefahr, auf dem Glatteis des Marketings der Anbieter ins Schlingern zu geraten um schliesslich abseits mit einer suboptimalen Lösung dazu stehen. Nachdem ich mich mit den Anforderungen genügend herumgeschlagen habe, schaue ich auf dem Markt, was am besten passt.

Soll es ein Speicher für eine USV-Anlage sein, habe ich die Wahl zwischen Superkondensatoren, die geeignet sind für wenige Minuten autonome Versorgung und Akkumulatoren, die technisch bedingt für mindestens 5 Minuten ausgelegt werden müssen. Die Superkondensatoren haben eine extrem hohe massenbezogene Leistungsdichte (10-100-fache eines Akku), dagegen aber nur eine sehr geringe Energiedichte (0.1-fache eines Akku). Darum eignet sich diese Bauelement hervorragend für die Kurzzeitspeicherung (Millisekunden bis wenige Minuten). Besonders im industriellen Umfeld sind USV mit Supercaps im Vorteil, weil diese in der rauhen Umgebung weniger empfindlich sind. Die Kondensatoren sind schneller wieder geladen, als Akkumulatoren, was ein Vorteil bei wiederholten Netzausfällen ist. Die Supercaps werden auch zum Peakshaving und Netzqualitätsverbesserung eingesetzt.

Speicher zur Eigenverbrauchsoptimierung

Das Diagramm stellt in der Abszisse die spezitische Leistung und in der Ordinate die spezifische Energie dar.
Abbildung 2: Ragone-Diagramm

Zur ersten groben Einordnung ist in Abb. 1 das Ragone-Diagramm dargestellt. Es zeigt in der Ordinate die spezifische Energie und in der Absisse die spezifische Leistung. Der Quotient der beiden Grössen hat die Einheit der Zeit.

\[\frac{Wh/kg}{W/kg} =h\]

Die nach oben verlaufenden Linien sind daher Isochronen.1 und stellen die typische energiebezogene Entladedauer dar. Unten rechts sind die leistungsstarken aber energieschwachen Kondensatoren mit ihren kurzen Lade/Entladezyklen, wogegen oben links die Akkumulatoren sind mit geringer bis mässiger Leistungsdichte, dafür mit einer hohen massenbezogenen Energiedichte. Die gleiche Darstellung könnte man übrigens auch mit den volumenbezogenen Grössen machen. Das Diagramm dient aber nur einer groben Einordnung, denn besonders in den Bereichen Natrium-Nickel-Chlorid-Batterie (auch Nickel-Salz-Batterie oder etwas allgemeiner auch ZEBRA2 und Lithium-Ionen-Batterien wird intensiv geforscht.

Nickel-Salz-Batterie

Abbildung 3: Aufbau Nickel-Salzbatterie

Diese beiden Batteriearten wollen wir hinsichtlich Verwendung zur Eigenverbrauchsoptimierung näher anschauen. Im Gegensatz zur Anwendung in Fahrzeugen wo hohe Entladeströme erforderlich sind, sind im Gebäudebereich nur moderate Entladeleistungen, dafür längere Entladezeiten sinnvoll. Die NaNiCl-Batterie ist eine Hochtemperaturbatterie mit einer typischen Betriebstemperatur von 270 – 350°C. Während des Betriebes hält die Batterie die Temperatur und hat mit anderen Batterien vergleichbare Verluste von etwa 10%.3 Jedoch, wenn sie über einige Stunden nicht in Betrieb ist, muss etwas nachgeheizt werden. Bei korrekter Auslegung kann im praktischen Betrieb (Laden/Entladen inkl. Wechselrichterverlust ein Wirkungsgrad von ca. 60 bis 65 % erreicht werden. Die Salz-Nickelbatterie enthält ausschliesslich unbedenklichen Materialien (32 % Kochsalz, 22 % Nickel, 22 % Eisen, 20 % Keramik) und hat kein Raubbau in Entwicklungsländern zur Folge. Die Wertschöpfung ist in der Schweiz und in der EU. Das und der noch fehlende Skaleneffekt hoher Stückzahlen sind auch Gründe, dass die Batterie in der Anschaffung teurer ist als Li-Ionen-Akkus aus China, schreibt die Firma Innovenergy GmbH aus Meiringen auf ihrer Homepage.

Salzwasserbatterien

Die Natrium-Ionen-Batterie wie die Salzwasserbatterie auch genannt wird, hat ebenfalls keine giftigen Stoffe enthalten. Sie arbeitet bei Umgebungstemperaturen und sowohl die volumetrische wie auch massenbezogene Energiedichte sind deutlich geringer. Für die gleiche Energie brauchen Sie doppelt so viel Platz und sind schwerer als die Natrium-Salzbatterien und Li-Ion-Batterien. Die österreichische Firma Bluesky Energy vertreibt diese Batterie unter dem Markennamen Greenrock. Wässrige Elektrolyte erreichen typischerweise nur etwa 1.23 Volt, also nur etwa ein Drittel wie bei einer Li-Ion-Batterie. Die EMPA hat nun vor vier Jahren eine speziell Satzlösung mit der 2.6 Volt erreicht wird.

Abbildung 4: Vergleich Batterietypen

Reuse, Recycling, Upcycling

Die NaNiCl-Batterie ist nahezu vollständig recyclierbar, wie ein Bleiakku auch. Dagegen ist die Wiederverwendung der Bestandteile einer Lithiumionenbatterie schwieriger und aufwändig. Das Hightech-Zentrum Aargau hat kürzlich im Rahmen der mehrteiligen Veranstaltung Kreislaufwirtschaft einen Praxiszirkel zum Thema Batterien durchgeführt. Der Technologie- und Innovationsexperte vom Hightech-Zentrum, Reto Eggimann, begrüsste die 50 Teilnehmenden am frühen Abend es 23. November 2021. Daniel Christen von der Stiftung Auto Recycling Schweiz zeigte an Hand von Praxisbeispielen wie die Branche mit dem Thema umgeht. Olivier Groux, Projektleiter im Bereich des Batterierecyclings der Firma KYBURZ Switzerland AG gab Einblick in ihr fünf Schritte Verfahren. Bekannt ist die Firma KYBURZ durch den gelben Flitzern der Post. Das ausgeklügelte Verfahren ermöglich ganz ohne Chemie die Rückführung von 91 % der Rohstoffe durch mechanische Zerlegung. Die Firma Libattion AG stellte das Konzept ihres e-Bricks (Batteriesystem) vor, ganz im Sinne von Smarte 2nd-Life Batterien für das B2B. Das StartUp Librec AG präsentierte ein industrielles Upcycling für einen geschlossenen Kreislauf und kleinsten CO2-Fussabruck.

Fazit

Dennoch ist und bleibt die Lithium-Ionen-Batterie eine typische Fahrzeugbatterie. Für die Gebäudetechnik, abgesehen von bestimmten USV-Anwendungen mit kurzen und hohen Entladeströmen, ist die Natrium-Salzbatterie eine interessant Alternative.

Markus Gehrig
MG Power Engineering AG
Dozent an der HF und Lehrbeauftragter an der HSLU
Tech-Blog: power-affairs.ch

Quellen

Kurzweil, Dietlmeier: Elektrochemische Speicher, Springer, 2015
Schmiegel: Energiespeicher für die Energiewende, Hanser, 2020
Gehrig: ET4/17 Energiespeicher heute und morgen, 2017

https://www.innov.energy/de
https://hightechzentrum.ch
https://www.aew.ch/news/aew-energie-ag-nimmt-die-erste-salzbatterie-betrieb

Bildquellen

Titelbild: AEW: Innenansicht einer fertig installierten Salzbatterie
Abb. 1.1 bis 1.3: Speicherung in Wärme/Druck/Wasserstoff MG Power Engineering AG
Abb. 2: Ragone-Diagramm: MG Power Engineering AG
Abb. 3: Aufbau Natrium-Salzbatterie: Innovenergy GmbH
Abb. 4: Vergleich: Innovenergy GmbH
Abb. 5: Salzwasser-Batterie: AEW Internetseite

Der Begriff

Die Entropie ist das Mass aller Dingen in thermodynamischen Prozessen. Die Bedeutung geht weit hinaus über die Funktion einer einfachen Rechengrösse, dem Verhältnis aus der umgesetzten Wärmemenge und der Temperatur (S = Q/T). Die Entropie sagt uns wie hart wir an dem potenziell besten Wirkungsgrad sind und das ist in Wärmeprozessen bei weitem nicht eins, sondern liegt zum Beispiel bei einem Verbrennungsmotor zwischen 35 und 40%. Die Obergrenze hängt nur von den Prozesstemperaturen ab.

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